XXXI. Symposion

Phänomene vorstellen. Das Erfahrbare in praktisch-methodischen Demonstrationen

Vom 19. bis 21. April 2024 findet das jährliche Symposion der Gesellschaft für Neue Phänomenologie an der Universität Rostock statt.

Sie erhalten hier eine Version des Programmflyers und des Plakates

Für ausführliche Informationen klicken Sie hier:

 


Ankündigungstext

„Habe Mut, dich deiner eigenen Anschauung zu bedienen!“ (Philipp Thomas)

Ganz im Sinne dieses an Kant angelehnten Mottos werden auf dem GNP-Symposion praxisorientierte und interaktive Workshops Möglichkeiten aufzeigen, wie es methodisch gelingen kann, gegenüber der Dominanz von „Gehirnerzählungen“ das Selbstbewusstsein für die eigenen lebensweltlichen Erfahrungen zu stärken.

Für die letzten 20 Jahre ist eine breite Anwendung und Auseinandersetzung mit der Neuen Phänomenologie zu verzeichnen. In verschiedenen Disziplinen und Forschungsbereichen hat sie das Verstehen phänomenaler Sachverhalte enorm befördert. Stets ging es darum, für die vielfältigen Facetten des Erfahrbaren zu sensibilisieren und sie mit präzisen Formulierungen verständlich zu machen. Im Rahmen des GNP-Symposions sollen daher Zugänge und Erfahrungen bei der Vermittlung von Phänomenen und der Anwendung von (neo)phänomenologischen Begriffen erprobt und diskutiert werden. Gleichzeitig gilt es, dabei die Leistungsfähigkeit und die Grenzen dieser Begriffsbildungen auszuloten.

Folgende Fragen sind in diesem Zusammenhang u.a. zu beantworten: Welche Praktiken eröffnen einen (neuen) Zugang zur Wirksamkeit leiblicher Kommunikation oder zur Mächtigkeit von Atmosphären? Mit welchen Mitteln lassen sich die komplexen Verstrickungen situativer Bedeutsamkeiten erschließen? Wie können (neo)phänomenologische Deutungen durch konkrete Erfahrungen nachvollzogen und kritisch reflektiert werden? Wie gelangt man zu einer treffenden Phänomenbeschreibung?


Tagungsort

Universität Rostock

Aula im Hauptgebäude

Universität Rostock, Universitätsplatz 1, 18055 Rostock


Anmeldung

Die Anmeldephase ist abgeschlossen. Vielen Dank für Ihr zahlreiches Interesse!

Eine vorläufige Rückmeldung erhalten Sie nach Ablauf der Anmeldefrist. Die finalen Listen mit den Workshopteilnehmer:innen hängen bei der Anmeldung vor Ort aus. Dort besteht ggf. auch die Möglichkeit Workshops noch einmal zu wechseln oder zu tauschen.


Programm

 

Freitag, 19. April 2024

17.30 - 17.45 Uhr

Begrüßung des GNP-Präsidenten

Prof. Dr. Michael Großheim

17.45 - 18.30 Uhr

Einführung in das Thema

Dr. Stefan Volke 

18.30 - 20.00 Uhr

Gesprächsrunde:

Wege zur Phänomenologie

Teilnehmende: 

Prof. Dr. Robert Gugutzer

PD Dr. Ute Gahlings

Prof. Dr. Klaudia Schultheis

Prof. Dr. Charlotte Uzarewicz

Moderation:

Steffen Wollschläger

ab 20 Uhr

Geselliges Beisammensein 

 

Samstag, 20. April 2024

9.30 - 10.15 Uhr

Einführung in die Tagungsorganisation

10.15 - 11.45 Uhr

Workshops - Block I

11.45 - 12.15 Uhr

Pause

12.15 - 13.45 Uhr

Workshops - Block  II

13.45 - 15.15 Uhr

Mittagspause

15.15 - 16.45 Uhr

Workshops - Block III

16.45 - 17.15 Uhr

Pause

17.15 - 19.15 Uhr

Ergebnisse und Reflexion

ab 19.15 Uhr

Geselliges Beisammensein 

 

Sonntag, 21. April 2023

9.30 - 10.00 Uhr

Tagesüberblick

10.00 - 11.30 Uhr

Transfer-Workshops - Ideen für die eigene Arbeit

11.30 - 11.45 Uhr

Pause

11.45 - 12.15 Uhr

Abschlussgespräch

12.15 Uhr

Tagungsende

 


Workshopübersicht

 

 

 

 

Workshops -  Block I

10.15 -

11.45 Uhr

Prof. Dr. Katrin Feldermann

Im Wechselbad der Atmosphären: Theater und Erleben als Bühne pädagogischer Atmosphären und Fundament politischer Bildung

Dr. Christian Julmi / Anna Eifert, M.Sc.

Welche Praktiken eröffnen einen Zugang zur Mächtigkeit von Atmosphären in Organisationen?

Wiebke Schwelgengräber

Zur Leiblichkeit von Horrorfilmen

Dipl.-Psych. Steffi Müller

"Das Fassungspanorama" - Eine neue Therapiemethode

 

 

Workshops - Block II

12.15 - 

13.45 Uhr

Dr. Anna Unger-Rudroff

Von der leiblichen Eigenerfahrung über eine sprachliche Bewegungsanalyse zum musikalischen Phänomen

Dr. Undine Eberlein

Bewegtes Verstehen – Atem, Tanz, Martial Arts

Dr. Christian Klager

Spielen als Weltzugang: Phänomenologische Welterfahrung zur Überwindung philosophischer Abstraktion im Philosophieren mit Kindern

Dr. Karl Philipp Kamps / Dr. Katja Winter

"Lautes Denken" – Didaktische Perspektiven einer Phänomenologie der Textwahrnehmung

 

 

Workshops - Block III

15.15 -

16.45 Uhr

Dipl.-Psych. Friedhelm Matthies

Einführung in ein neophänomenologisches Handlungskonzept für Psychotherapie, Coaching, Supervision und personenzentriertes Lernen

Prof. Dr. Jürgen Hasse

Ist Sakralität spürbar? – Mikrologische Annäherungen

Dr. Mario Donick

Spielerisch dem Leib nachspüren - Neue Phänomenologie und digitale Spiele

Prof. Dr. Barbara Wolf

Neue Phänomenologie: Produktive Gestaltung herausfordernder Situationen in Unterricht und Gruppensettings


Inhalte der Workshops

 

Dr. Mario Donick

Spielerisch dem Leib nachspüren – Neue Phänomenologie und Digitale Spiele

 

Digitale Spiele (d.h. Computer- und Videospiele) sind seit längerem Objekt wissenschaftlicher Forschung unter dem interdisziplinären Dach der Game Studies. Längst wurde dabei auch erkannt, dass die Nutzung digitaler Spiele nicht nur inhaltlich (Themen), formal (Darstellungsweisen) und spielmechanisch analysiert werden kann, sondern dass Spiele zunächst einmal Erfahrungen ermöglichen – Wahrnehmungen am eigenen Leibe. So ungewohnt diese im Einzelfall zunächst sein mögen, so verweisen sie dennoch auf unsere Erfahrungen in und mit der Lebenswelt außerhalb der Spiele.

Damit können Spiele auch ein (eben "spielerischer") erster Zugang zum leiblichen Spüren sein. In diesem Workshop wollen wir daher (1) zunächst das eigene leibliche Spüren in Spielsituationen thematisieren; (2) dann Möglichkeiten finden, über diese Erfahrungen alltagssprachlich zu reden; und (3) dem Potenzial der Neuen Phänomenologie nachgehen, dieses Sprechen intersubjektiv anschlussfähig zu machen.

Dabei wird sich zeigen, dass zentrale Konzepte der Neuen Phänomenologie, etwa der Vitale Antrieb oder der Atmosphärebegriff, auch beim Umgang mit Medien – für die Spiele letztlich ein Beispiel unter vielen sind – eine zentrale Rolle spielen.

 

Dr. Undine Eberlein

Bewegtes Verstehen

 

Zentrale Themen des Workshops sind leibliche Kommunikation und Resonanz als Teil zwischenleiblicher Interaktion sowie als Basis von Kommunikation und Verstehen. Im Wechsel von Praxis, Reflexion und Theorie sollen Annahmen und Begrifflichkeiten der Leibphänomenologie in ihrer Anwendung untersucht und ihre mögliche Präzisierung sowie Anschlussfähigkeit an spezifische Theorie- und Praxisfelder überprüft werden.

Dabei werden spielerisch-experimentell einführende Übungen aus der somatischen Praxis (z.B. Atem), aus Tanz bzw. Tanzimprovisation (z.B. Spiegeln, Führen und Folgen) sowie den Martial Arts (Pushing Hands bzw. Tui Shou /Videos) zusammen ausprobiert. (Dafür sind keine Vorkenntnisse oder besonderen Voraussetzungen notwendig.)

Die gewonnenen Erfahrungen sollen dann geteilt ("Sharing") und begrifflich genauer erschlossen werden. So soll ein Prozess der wechselseitigen Präzisierung von Spüren, Erfahrung, sprachlicher Artikulation und Verstehen ermöglicht werden.

 

Prof. Dr. Katrin Feldermann

Im Wechselbad der Atmosphären: Theater und Erleben als Bühne pädagogischer Atmosphären und Fundament politischer Bildung

 

Der Atmosphärenbegriff ist nicht nur alltagsgebräuchlich sehr zugänglich, sondern nimmt auch in der Neuen Phänomenologie einen wichtigen Platz ein. Gerade im Kontext pädagogischer Arbeit ist es wichtig, die Menschen in vertraute Gefühle einzubetten und die Beziehungsgestaltung auf ein tragfähiges Fundament zu stellen.

Anhand einzelner Methoden des Theaters und der Bewegung soll der (dehnbare) Horizont des Hier und Jetzt in Form leiblicher Kommunikation und kollektiver Atmosphären erprobt und reflektiert werden.

 

Prof. Dr. Jürgen Hasse

Ist Sakralität spürbar? – Mikrologische Annäherungen

 

Kirchen sehen nicht nur anders aus als Kaufhäuser. Sie sind auch anders und funktionieren anders. Sie folgen nicht kommerziellen, sondern religiösen Programmen und geben sich in numinosen Sphären zu spüren. Der Workshop geht am Beispiel der Rostocker Marienkirche der Frage nach, auf welchen Wegen ein sakraler Raum sein religiöses Programm kommuniziert. Zum Zwecke der individuellen Explikation atmosphärischer Eindrücke des Raumerlebens wollen wir uns ca. 1 Stunde in der Rostocker Marienkirche bewegen, um den symbolischen Gesten und ästhetischen Anmutungsqualitäten auf die Spur zu kommen. Folgende Fragen rücken dabei ins Zentrum: Welche Rolle spielt im machtvoll inszenierten sakralen Raum der situative Wechsel von Atmosphären? Wie greifen sie in persönliche Stimmungen ein? Wie präsentiert sich das Bauwerk in seiner äußeren Gestalt (im Raum der Stadt) und welche Vitalqualitäten kommuniziert der Innenraum? Vor allem innere Kirchenräume vermitteln Gefühle. Welche suggestiven Einflüsse gehen von auratischen Dingen aus? Sakrale Bauten wie Kirchen sind von Menschen gemacht – von der kleinsten Kapelle bis zum prächtigsten Dom. Aber müssen deshalb auch die in ihnen entstehenden Atmosphären und Stimmungen als Produkt menschlicher Handlungen aufgefasst werden? Die verstehende Annäherung an atmosphärische Räume bedarf der übenden Schärfung der Aufmerksamkeit. Dieser Aufgabe wollen wir uns an Ort und Stelle in der Reflexion von Augenblicken der Berührung wie des Berührt-Werdens widmen.

Dabei kann die Fotografie die Bewusstwerdung eigenen Erlebens unterstützen. Das Bild bietet sich als Medium der Explikation von Eindrücken an. Die historischen Arbeiten bekannter Fotografinnen und Fotografen lassen sich in diesem Sinne als Zeugnisse einer zeitgeschichtlich situations-sensiblen, ästhetischen Ausdruckspraxis deuten. Schon die Foto-App des Smartphones kann im Rahmen der geplanten Erkundungen helfen, Ausdrucksgestalten subjektiven Erlebens ins Bild zu setzen.

 

Dr. Christian Julmi / Anna Eifert, M.Sc.

Welche Praktiken eröffnen einen Zugang zur Mächtigkeit von Atmosphären in Organisationen?

 

Es ist ein großer Verdienst der Neuen Phänomenologie, die Autorität der Atmosphären als Mächte eigener Art (wieder) in das Bewusstsein philosophischen Denkens gerufen zu haben. Hermann Schmitz hat in seinen Schriften vielfältig gezeigt, dass Atmosphären keineswegs nur Beiwerk sind, sondern das lebensweltliche Dasein und Handeln des Menschen wesentlich prägen. 

In Organisationen sind Gespräche über Atmosphären an der Tagesordnung. Die angespannte Atmosphäre während eines Meetings, die inspirierende Stimmung während eines Workshops, die gedrückte Stimmung an einem Montagmorgen, die nervöse Atmosphäre im Büro des Chefs oder die entspannte Atmosphäre bei einer Weihnachtsfeier – all diese Atmosphären finden täglich ihren Raum in unzähligen Gesprächen rund um den Arbeitsplatz. Oftmals dominieren spezifische Atmosphären ganze Unternehmen oder Unternehmensbereiche, häufig mit einzelnen Führungspersönlichkeiten als zentrale Verankerungspunkte. Es ist geradezu paradox, dass Atmosphären in der Praxis kaum Beachtung finden, wenn es um die Frage geht, wie gut eine Organisation oder Abteilung funktioniert oder nicht. Selbst dort, wo sich die Ergriffenheit von Atmosphären als unabweisbar handlungsleitend zeigt, werden Entscheidungen ex-post rationalisiert und fein säuberlich von ihrem affektiven Gehalt befreit. 

Unser Workshop konzentriert sich darauf, wie es methodisch gelingen kann, die Wirkmächtigkeit von Atmosphären für das eigene Verhalten, aber auch für das Sich-finden in einer Organisation für Menschen erfahrbar zu machen. Hilfreich kann hierbei eine Orientierung an der leiblichen Manifestierung von Atmosphären sein – als (leiblich) engende oder weitende, anziehende oder abstoßende Atmosphären. Unser Ziel ist die Sammlung von Praktiken, die sich im Sinne von „best practices“ in Organisationen konkret anwenden lassen, um das Bewusstsein für Atmosphären in Organisationen zu erhöhen. Auf diese Weise möchten wir Atmosphären aus ihrem Small-Talk-Gefängnis befreien und sie zu einem zentralen Gestaltungselement der Zusammenarbeit in Organisationen erheben.

 

Dr. Karl Philipp Kamps / Dr. Katja Winter

"Lautes Denken" – Didaktische Perspektiven einer Phänomenologie der Textwahrnehmung

 

Aus literatur- und mediendidaktischer Perspektive soll in diesem Workshop der Frage nachgegangen werden, ob und inwiefern die Methode des „Lauten Denkens“ dazu geeignet ist, die Erfahrungen der Begegnung mit literarischen Texten verfügbar zu machen und dabei auch das Fremde, Widerständige des Textes aufzugreifen. Im Zentrum des Workshops stehen die Anwendung und kritische Reflexion dieser Methode sowie Perspektiven der anschließenden Weiterarbeit im Unterricht.

 

 

Dr. Christian Klager

Spielen als Weltzugang: Phänomenologische Welterfahrung zur Überwindung philosophischer Abstraktion im Philosophieren mit Kindern

 

Der Workshop möchte anhand des Phänomens „Spiel“ zeigen, wie zu abstrakten Themen der Philosophie konkrete Erfahrungen möglich sind, die auf phänomenologische Weise gerade jungen Schüler:innen im Philosophieren mit Kindern einen Zugang ermöglichen, den sie auf abstrakte Art nicht erreichen würden. So sind etwa "Verantwortung", "Schuld" und "Tod" keine greifbaren Themen für Kinder und auch junge Jugendliche – in einem phänomenologischen Zugang über die Sekundärerfahrungen im Spiel aber werden diese Themen und Begriffe verständlicher.

 

 

Dipl.-Psych. Friedhelm Matthies

Einführung in ein neophänomenologisches Handlungskonzept für Psychotherapie, Coaching, Supervision und personenzentriertes Lernen

 

Die Konzeptvorstellung wird begleitet von Beispielen aus der praktischen Anwendung und orientiert sich an der Aussage von Hermann Schmitz:

"Die Verankerung des Lebenswillen in der Gegenwart bedarf Formen, die nicht durch Rezepte verordnet werden können, sondern auf Impulse warten müssen, die aus der leiblichen Ergriffenheit durch Eindrücke und Gefühle hervorgehen [...]." (Hermann Schmitz: Die Liebe, Bonn 1993, S. 12)

Es geht um praktische Beispiele im Umgang mit folgenden Aspekten:

  • affektives Betroffensein in Beziehungen mit Anwesenden und nicht Anwesenden,
  • Entscheidungen treffen,
  • Träume phänomenologisch verstehen,
  • Kreativer Umgang mit ungespaltenen Verhältnissen, 
  • Eindruck und Ausdruck.

 

 

Dipl.-Psych. Steffi Müller

"Das Fassungspanorama" - Eine neue Therapiemethode

 

Das "Fassungspanorama"

Für jedweden Umgang des Menschen mit den mannigfachen und nicht selten herausfordernden Situationen, in denen er lebt oder in die er hineingeraten kann, hat er ein Instrumentarium zur Verfügung, das Hermann Schmitz als einen Aspekt des Menschen als Person expliziert hat: die Fassung.

In unserer Arbeit im psychiatrischen Verbund Prenzlkomm in Berlin, die in der Betreuung und Behandlung von so genannten psychisch erkrankten Menschen besteht, spielt das anthropologische Konzept von  Schmitz seit vielen Jahren eine bedeutsame Rolle für das Verstehen des Menschen und seiner Störungen im Lebensvollzug einerseits sowie für das Erforschen und Weiterentwickeln unserer methodischen Konzepte und Interventionen andererseits.

Die Fassung nach Schmitz hat sich im Laufe der Jahre als eine der wertvollsten seiner phänomenologischen Entdeckungen für mich herausgestellt, da sie, neben ihrer anthropologisch-theoretischen Besonderheit in unserem Arbeitsfeld, methodisch bzw. therapeutisch sehr gut vermittelbar und wirksam einsetzbar ist.

Nach meinem Verständnis sollte die Fassung eine deutlich größere Aufmerksamkeit im Bereich der Therapie und Veränderungsarbeit erhalten, da sie zentral für den Menschen als Person und unentbehrlich für dessen Selbstgestaltung und Stabilität ist. Die Fassung gibt der Person Stand, Halt und Form. Das Konzept wird nach meiner Erfahrung von unseren Klienten sehr gut verstanden und angenommen und ist zudem sanft einsetzbar, was aufgrund ihrer hohen Empfindsamkeit (und Fassungsanfälligkeit) sehr wichtig ist.

Nach einer theoretischen Einführung in das Konzept der Fassung nach Schmitz wird die neu entwickelte Methode "Das Fassungspanorama" vorgestellt, so dass die Teilnehmer*innen diese in praktischen Übungen an sich selbst direkt kennenlernen und später, ggf. mit etwas Unterstützung, selbst anwenden können.

Die Einsatzmöglichkeiten und sowohl kurz- als auch langfristig angestrebten Ziele, Zwecke und Ergebnisse des Fassungspanoramas – auch für den Workshop – sind beispielsweise:

  • Sich selbst und die eigene Fassung in (einem) bestimmten Kontext(en) kennenlernen
  • Erarbeiten neuer Anteile der Fassung zur Formung, Verbesserung und Stabilisierung dieser
  • Vorbereiten auf schwierige Kontexte durch das Erarbeiten einer geeigneten Fassung
  • Vorbereiten auf neue Aufgaben oder Rollen
  • Finden von Entscheidungen
  • Potentielle Angriffe auf die eigene „Fassung“ erkunden und arbeiten am Umgang mit diesen „Risiken“  
  • Umgang mit Fassungsverlust/en
  • Formen und Stabilisieren der eigenen Fassung, auch kontextübergreifend
  • Stabilisierung der Person im Zwiespalt zwischen personaler Regression und personaler Emanzipation
  • Kneten und Weiterentwickeln der eigenen persönlichen Situation

 

Wiebke Schwelgengräber

Zur Leiblichkeit von Horrorfilmen

 

Horrorfilme berühren uns auf ganz besondere, eindringliche Weise. Wir schrecken zurück vor Pennywise, dem Clown ("Es"), kauern uns in Erwartung des kommenden Schreckens in einer Horrorstadt schon vorsorglich zusammen ("Silent Hill") oder fürchten uns noch nach Ende des Films vor den menschlichen und übermenschlichen Dämonen, die in einem einsamen Hotel ihr Unwesen getrieben haben ("Shining"). 

Schockeffekte lassen uns zusammenfahren, aber immer wieder können wir in Momenten der Entspannung kurz durchatmen. All das spüren wir nicht nur körperlich. Gerade die leibliche Ebene der Wahrnehmung, die sich begrifflich u.a. mit dem vitalen Antrieb fassen lässt, tritt beim Schauen von Horrorfilmen besonders hervor. Damit sind diese Filme ein vielleicht unerwarteter, aber intensiver Zugang zu dieser oft ignorierten Seite der Wahrnehmung.

Im Workshop schauen wir uns gemeinsam ausgewählte Szenen an, um diesem Spüren nachzuspüren.

WICHTIGER HINWEIS: Die Teilnehmer werden gebeten, Tablet und Kopfhörer mitzubringen.

 

Dr. Anna Unger-Rudroff

Von der leiblichen Eigenerfahrung über eine sprachliche Bewegungsanalyse zum musikalischen Phänomen

 

Den Teilnehmenden des Workshops soll Gelegenheit gegeben werden, unabhängig von ihren jeweiligen musikanalytischen Vorkenntnissen die Struktur von Musikstücken auf Basis eigener Bewegungserfahrungen zu untersuchen. Im Austausch mit anderen Teilnehmenden wird versucht, diese sprachlich greifbar zu machen und sie so auszudifferenzieren, dass sie für eine Übertragung auf die klingende Musik vielfältige Anknüpfungspunkte bieten. Dies soll ein tiefes Eintauchen in die Zusammenhänge und Wirkprinzipien musikalischer Strukturen durch ein mit Hilfe der Sprache wach gemachtes und sensibilisiertes Hören erlebbar machen. Um sich gut intersubjektiv verständigen zu können, einigen wir uns im Vorfeld auf ausgewählte Begriffe der Bewegungsanalyse von Rudolf von Laban. Sie dienen uns als Kategorien, um die eigenen Bewegungserfahrungen zu sortieren und werden später dahingehend geprüft, ob sie als Werkzeuge zur Untersuchung von stilistisch ganz unterschiedlichen Musikbeispielen geeignet sind.

Musikalisches Verstehen ruht auf dem Mitvollzug der besonderen Zeitlichkeit von Musik, dem Erspüren der musikalischen Bewegung auf. Was Musik für uns ist, erfassen wir im Vollzug, indem wir uns leiblich zu den wahrgenommenen musikalischen Phänomenen in Bezug setzen. Wie das persönliche Empfinden als Basis des Musikverstehens in Vermittlungsprozesse eingebaut werden kann, ist Kernfrage des Workshops. Die Teilnehmenden können im schöpferischen Umgang mit einer, an Bewegungsanalysen befreiten, Sprache erfahren, wie genau sie hörend wahrnehmen und Musik in eigenen Worten erfassen können.

 

 

Prof. Dr. Barbara Wolf

Neue Phänomenologie: Produktive Gestaltung herausfordernder Situationen in Unterricht und Gruppensettings

 

Methode: Reflexion und Gestaltung von Interaktionen durch theaterpädagogische Elemente 

Anhand des Alphabets der Leiblichkeit von Hermann Schmitz werden die Begriffe Engung/Weitung, affektives Betroffensein, Bewegungssuggestionen, Gestaltverläufe, antagonistische/solidarische Einleibung, gemeinsame Situation und daraus resultierende Atmosphären erlebbar gemacht. Dies erschöpft sich jedoch nicht in der Deklination der Begriffe, sondern wird anhand konkreter Fallbeispiele aus der Berufspraxis der Teilnehmer und Teilnehmerinnen in Aktion gebracht. 

Anhand der Methode des „Standbildes“ können Situationen nachgestellt, umgestellt und neu gestaltet werden. Dies ermöglicht neue Zugänge zu alten Problemen.

Ziel: Phänomene des beruflichen Alltags (komplexe und herausfordernde Situationen in Schule und  Gruppenarbeit) werden mit der Sprache der Neuen Phänomenologie mithilfe leiblicher Interaktion neu entdeckt, analysiert und verstanden. Es werden neue Techniken der Problemlösung erprobt.